Adelgundis Führkötter: Die heilige Hildegard (1098 bis 1179)
1148-1165
Hildegard hat ihr Erstwerk »Scivias« nicht auf dem Disibodenberg vollendet, sondern in
ihrem inzwischen gegründeten Kloster Rupertsberg bei Bingen. Der Ort der
Niederlassung, dort wo die Nahe in den Rhein mündet, war ihr in einer Schau gezeigt
worden. Erst nach Überwindung heftiger Widerstände von seiten des Abtes Kuno vom
Disibodenberg und seiner Mönche, die die inzwischen berühmt gewordene Äbtissin
nicht fortziehen lassen wollten, konnte sie das Grundstück erwerben, das zum Teil den
Mainzer Domherren, zum Teil dem Bischof Bernhard von Hildesheim gehörte. Sie ließ
dort ein geräumiges Kloster errichten. Der Mönch Wibert von Gembloux erwähnt
eigens, daß die Arbeitsräume mit fließendem Wasser ausgestattet waren. Dort wo einst
die Kapelle des heiligen Rupertus gestanden hatte, ließ sie eine geräumige Kirche
errichten. Die Vita berichtet: »Endlich [es war um das Jahr 1150] zog Hildegard mit
achtzehn Jungfrauen von der Stätte ihres bisherigen Aufenthaltes fort. Und wenn sie
den Zurückgebliebenen viel Schmerz und Trauer hinterließ, so brachte sie der Gegend,
in die sie zog, viel Freude und Jubel. Denn aus der Stadt und den umliegenden
Ortschaften waren ihr viele angesehene Persönlichkeiten und eine beträchtliche
Volksmenge entgegengekommen, die sie frohlockend mit geistlichen Gesängen
empfingen.«
Die Vita hebt hervor, daß Hildegard das Kloster mit großer Klugheit leitete und ihre
Schwestern liebevoll nach der Benediktusregel unterwies. Im Jahr 1152 fand die
Kirchweihe durch Erzbischof Heinrich 1. statt, der bei dieser Gelegenheit einigen
Nonnen die Jungfrauenweihe erteilte und dem Kloster die Mühlstatt am Binger Loch im
Rhein schenkte. Die materiellen und geistlichen Rechtsverhältnisse zwischen ihrem
Kloster Rupertsberg und dem Disibodenberger Mönchskloster ließ Hildegard im Jahr
1158 durch Erzbischof Arnold von Mainz in zwei Urkunden festlegen. Den Nonnen
stand die freie Äbtissinnenwahl zu. Das Mönchskloster hatte einen eigenen Mönch als
Propst und Seelsorger zu stellen. Einen weltlichen Vogt lehnte Hildegard für ihr Kloster
ab, denn sie wollte »keinen Wolf in die Hürde eindringen lassen«, (Vita). Der
Erzbischof von Mainz war Schutzherr ihres Klosters, wie anschließend berichtet wird.
Es ist erstaunlich, daß Hildegard sich 1163 auf den Hoftag nach Mainz begab. Dort
erbat sie von Barbarossa die Schutzherrschaft für ihr Kloster. Am 18. April bestätigte
Friedrich 1. in einer Urkunde, daß er das Kloster der »ehrwürdigen Frau Hildegard,
Äbtissin des Klosters des heiligen Rupertus« unter seinen kaiserlichen Schutz gestellt
habe.
Im Jahr 1165 gründete Hildegard ein zweites Kloster. Sie erwarb das freistellende
Augustiner-Doppelkloster Eibingen oberhalb von Rüdesheim und ließ es von einigen
ihrer Nonnen besiedeln. Zweimal wöchentlich fuhr sie über den Rhein nach
Rüdesheim-Eibingen, um ihre geistlichen Töchter dort aufzusuchen und ihnen mit Rat
und Tat beizustehen. Dieses Kloster sollte die Rupertsberger Gründung, die im
Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde, überdauern. Kloster Eibingen blieb bis zu Beginn
des 19. Jahrhunderts bestehen. Bei der Säkularisation wurde es 1803
aufgehoben.
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