Der Hildegardisaltar in der Binger Rochuskapelle

Kirche Der Untergang des Klosters Eibingen 1814 war gleichzeitig der Beginn der Beziehungen der Binger St. Rochuskapelle zur hl. Hildegard. Zur Einrichtung der 1795 zerstörten und 1814 wiederaufgebauten St. Rochuskapelle kaufte die Rochusbruderschaft die gesamte Inneneinrichtung der Eibinger Klosterkirche. Hinzu kam der Reliquienschatz, vor allem die Gebeine des ehemaligen Rupertsberger Klosterheiligen St. Rupertus. Dadurch wurde die Rochuskapelle Heimat der wohl wichtigsten authentischen Spur der Hildegardzeit und der gesamten klösterlichen Tradition auf dem Rupertsberg und in Eibingen. Durch die Ausgestaltung der Rochuskapelle mit Altären und Bildern aus der Klosterkirche in Eibingen wurde diese im 19. Jh. zu einer Hildegard-Gedächtniskirche. Der Brand der Kapelle 1889 zerstörte fast alle Spuren Hildegards bis auf einige gerettete Bilder. In Erinnerung an diese Hildegardtradition war in der neuen St. Rochuskapelle von 1895 ein aufwendiger Hildegard- und Rupertusaltar vorgesehen, doch nur der Hildegardalter wurde vollendet. In Anlehnung an das gerettete großflächige Vita-Bild der Heiligen hatte Max Meckel den Entwurf erstellt, die Steinheimer Schnitzerfamilie Busch ihn ausgeführt. Die Stifterin des Hildegardaltars war die Witwe Margarethe Krug, geb. Merz. Aus diesem Grunde befindet sich an der geschlossenen Seite des Baldachins das Bild der hl. Margaretha. Zentrum des Altars ist eine Halbreliefstatue der hl. Hildegard. Um diese Statue herum sind acht Stationen des Lebens der Heiligen szenisch dargestellt, vier im Mittelteil des Altars, je zwei rechts und links der Statue, sowie je zwei auf den inneren Seiten der Altarflügel. Die Vita Hildegards beginnt für den Betrachter links oben:
Altar Leider wurden nur die Szenen auf den Seitenflügeln als fein geschnitzte Holzreliefs fertig ausgearbeitet. Das gesamte Mittelstück des Altars einschließlich der Predella scheint lediglich eine Vorstufe, nämlich ein aus Gips geformtes, anschließend bemaltes Modell. Die Ausarbeitung in Holz unterblieb aus Geldmangel. Daher wirken die Figuren des mittleren Altarteils grob - man vermißt die weichen Linien der Figurengruppen auf den Seitenflügeln. Dieser gestalterische Mangel hat die Beliebtheit des Hildegardisaltars jedoch keineswegs beeinträchtigt. Die Außenseiten der seitlichen Flügel sind versehen mit zwei Großgemälden des leidenden Heilands, rechts ein Ecce-Homo-Bild, wohl in Erinnerung an die große Ecce- Homo-Statue aus Eibingen in der alten Rochuskapelle, links der vom Kreuz abgenommene tote Christus. In der Mitte der Predella ist der Reliquienschrein der hl. Hildegard eingefügt. Der Schrein wird flankiert von je zwei Heiligenbüsten. Sie stellen die hl. Berta dar sowie den hl. Wigbert, den hl. Bernhard und den hl. Rupertus.

P. Dr. Josef Krasenbrink

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