Bermersheim

Kirche Als "Rheinhessen" wird auch heute noch jenes mittelrheinische Gebiet zwischen Nahe und südlichem Rheinknie bezeichnet, das ehemals linksrheinische Provinz des Großherzogtums Hessen war. Es ist eine geschichtsträchtige Landschaft, die Spuren aus der Bronze- und Eisenzeit (2000 v. Chr.) aufweist, sodann von der späteren Besiedlung durch die Kelten, Römer und Germanen und schließlich - nach Eingliederung ins Frankenreich - von fränkischen Siedlern. Stets war es das Schicksal dieses Rhein-Nahe-Raums, als Grenz- und Durchgangsland auch mehr dem "Wandel und der Zerstörung" ausgesetzt zu sein als andere deutsche Landstriche.
All das ist mit zu bedenken auf der Suche nach Spuren Hildegards, die 1098 im rheinhessischen Bermersheim als zehntes Kind des Edelfreien Hildebert von Bermersheim und seiner Frau Mechtild geboren wurde. Nichts weist heute in diesem kleinen, beschaulichen Ort darauf hin, daß er einstmals der Stamm- oder Herrschaftssitz eines Geschlechtes war, das sich sowohl "durch hohen Adel und überfließenden Reichtum" als auch "durch erleuchten Ruf und Namen" - so die Hildegard-Vita - auszeichnete. Dabei darf sich Bermersheim, wie so viele fränkische Siedlungen mit dem auf die Silbe "-heim" ausgehenden Ortsnamen, einer jahrhundertelangen Geschichte rühmen. Es wird bereits in der 2. Hälfte des 8. Jh. in Schenkungsurkunden des Klosters Lorsch eine geschlossene "Dorfgemarkung" genannt; seine Entstehung muß also noch früher datiert werden. Einzige Zeugin aus dieser Zeit kann die kleine Kirche sein, deren massiver Turmbau wohl noch ins vorige Jahrtausend weist; ansonsten haben, wie schon erwähnt, "Wandel und Zerstörung" ihre Opfer gefordert. Es gibt jedoch eine Handschrift von 1731, "Renovation der Bermersheimer Lagerbücher", die in unmittelbarer Nähe der Kirche noch einen "herrschaftlichen Hof" verzeichnet. Danach darf also vermutet werden, daß die kleine Kirche - wie im Mittelalter üblich - mit dem Bermersheimer Herrenhof verbunden, und somit wohl auch die Taufkirche Hildegards gewesen ist.
Statue Doch mit welcher Sicherheit kann Hildegard überhaupt als Bermersheimerin ausgewiesen werden? Abt Trithemius vom Kloster Sponheim gibt um 1500 in einer Lebensbeschreibung Hildegards ihren Geburtsort mit Schloß Böckelheim an der Nahe an, doch ging es ihm bei der Darstellung eines Heiligenlebens nie so sehr - wie auch an anderen Stellen deutlich wird - um historische Genauigkeiten. Die noch zu Lebzeiten Hildegards verfaßten Viten begnügen sich mit der Angabe "... im diesseitigen Frankenland ...", bzw. lassen eine Lücke für eine spätere Eintragung frei. Lediglich ihre Eltern werden mit Vornamen genannt, - Hildebert und Mechtild, - was für eine rechtskräftige Dokumentierung, etwa von Urkunden, damals völlig ausreichte. Auffällig ist, daß das Güterverzeichnis (Fundationsbuch) des von Hildegard um 1150 gegründeten Klosters Rupertsberg an der Spitze aller Eintragungen über neun Seiten hinweg Schenkungen aus dem Bermersheimer Gebiet aufführt. Zudem wird durch eine Schenkungsnotiz aus der Zeit um 1158 die Vergabung des Herrenhofes zu Bermersheim und anderer Höfe an die "Herrinnen" des Klosters Rupertsberg bestätigt. Die Aussteller der Schenkung sind nachweislich die drei Brüder Hildegards, - offenbar ohne Nachkommen, - denn Hildegard als Jüngste zählte zu dieser Zeit schon 60 Jahre. Einer der Brüder, Drutwinus, findet erstmals in einer Urkunde des Mainzer Erzbischofs von 1127 als Zeuge Erwähnung.
Damit schließt sich der Kreis, und es dürfte erwiesen sein, daß Hildegard eine "von Bermersheim" gewesen ist. Erhärtet wird diese Aussage auch dadurch, daß die jeweilige Äbtissin des Klosters Rupertsberg - nach dessen Zerstörung 1632 die des Klosters Eibingen - die Ortsherrschaft über Bermersheim ausübte. Eine Schutzherrschaft übernahmen dazu die Pfalzgrafen, die dann allerdings zur Zeit der Reformation und später zu einer "Gewaltherrschaft" wurde. Dennoch konnten sich die klösterlichen Rechtsansprüche bis zur Abtrennung des linken Rheinufers zugunsten Frankreichs 1801 durchsetzen. Die Bermersheimer Kirche wurde seit der Reformation immer wieder und schließlich endgültig bis in unsere Tage als Simultankirche von beiden Konfessionen benutzt. Wie für eine fränkische Gründung charakteristisch, steht sie bis heute unter dem Patronat des hl. Martinus.

Sr. Teresa Tromberend OSB

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